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Forum GGS-Strand zum Thema „Holocaust“ in Timmendorfer Strand: Zeitzeuge Jurek Szarf: „Ich erzĂ€hle, solange ich kann“

Vortrag

Von René Kleinschmidt

Timmendorfer Strand. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Forum GGS-Strand“, die nach langer Zwangspause wieder stattfinden konnte, hat die GGS-Strand Europaschule in Timmendorfer Strand die ZehntklĂ€ssler sowie Elternvertreter, Freunde und Förderer zu einem besonderen Ereignis eingeladen. Als Gast konnten Schulleiterin Esther Passig und Geschichtslehrer Ekkehard Rawohl am 21. April einen der letzten Zeitzeugen des Holocausts, Jurek Szarf aus Stockelsdorf, willkommen heißen.

Als EhrengĂ€ste konnte Esther Passig neben dem 2. stellvertretenden BĂŒrgermeister Andreas MĂŒller, der ein Grußwort sprach, auch die neue SchulrĂ€tin des Kreises Ostholstein, Anja BĂŒck, begrĂŒĂŸen. Die Grund- und Gemeinschaftsschule in Timmendorfer Strand ist die erste Schule, die sie in ihrem neuen Amt besucht.


Schulleiterin Esther Passig (rechts) konnte an dem Vormittag auch die neue SchulrĂ€tin Anja BĂŒck begrĂŒĂŸen. (Foto: RenĂ© Kleinschmidt)

Der 89-jĂ€hrige Holocaust-Überlebende Jurek Szarf ist einer der letzten Zeitzeugen. „Es gibt kaum noch jemand, der darĂŒber berichten kann, weil fast niemand mehr lebt,“ so Szarf, der jahrzehntelang nicht ĂŒber das Erlebte sprechen konnte. Inzwischen besucht er seit mehr als 20 Jahren die Schulen und hĂ€lt unter dem Motto „Ich erzĂ€hle, solange ich kann“ VortrĂ€ge vor Jugendlichen. Im Jahre 2020 hat er fĂŒr sein Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten, das er auch nach Timmendorfer Strand mitgenommen hat.


Zeitzeuge Jurek Szarf mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, das er am 1. September 2020 fĂŒr seinen „Kampf gegen das Vergessen“ aus den HĂ€nden von MinisterprĂ€sident Daniel GĂŒnther als Auszeichnung erhalten hat. (Foto: RenĂ© Kleinschmidt)

Jurek Szarf wurde mit sechs Jahren zusammen mit seiner Familie fĂŒr vier Jahre in das Ghetto Lodz verschleppt. Die dort festgehaltenen Juden mussten Zwangsarbeit leisten und wurden spĂ€ter zum grĂ¶ĂŸten Teil in Konzentrationslagern deportiert und dort ermordet. Jurek Szarf war in den Konzentrationslagern in RavensbrĂŒck, Königswusterhausen und Sachsenhausen.

Geschichtslehrer Ekkehard Rawohl sagte kurz vor dem Vortrag des Zeitzeugens Szarf: „Das Leid wurde lange Zeit verdrĂ€ngt und wir sind sehr dankbar dafĂŒr, dass Jurek Szarf uns von seinem Erlebten erzĂ€hlt.“

Jurek Szarf, am 12. MĂ€rz 1933 im polnischen Lodz geboren, beginnt zu erzĂ€hlen und berichtet von seiner ersten Begegnung mit den Nazis: „Ich erinnere mich noch daran, dass meine Mutter mir gerade die SchnĂŒrsenkel meiner Schuhe zu gemacht hat, als die SS die Wohnung meiner Eltern stĂŒrmte. Ein SS-Mann hat mich hochgenommen und gegen die Wand geschleudert, so dass ich ohnmĂ€chtig geworden bin.“ Damals war er gerade sechs Jahre alt. „Wir wohnten im Haus meines Opas, der vermögend war, und die SS-MĂ€nner suchten im Haus nach Dollars, Gold und WertgegenstĂ€nde.“

Im Jahre 1940 ging es ins abgesperrte Ghetto in Lodz, wo Zwangsarbeit geleistet wurde. „Wer weiße Haare hatte, galt als alt, egal wie alt die Person war, und wurde in ein Konzentrationslager gebracht, genauso alle Kinder unter zehn Jahren,“ so Szarf. „Der Massenmörder Hans Biebow war der Gauleiter (Verwaltungschef) des Ghettos. Er war Alkoholiker und sein Hobby war es, Leute zu erschießen - aus seinem fahrenden Cabrio heraus – so wie andere Karnickel erschießen, erschoss Biebow Menschen. Juden waren ja keine Menschen.“ Der Deportation entging der kleine, siebenjĂ€hrige Jurek nur, weil seine Tante fĂŒr Hans Biebow arbeitete. „Meine Tante meldete sich fĂŒr eine leitende Stelle, da sie wie gefordert deutsches Abitur hatte, und wurde so ChefsekretĂ€rin des Ghettos.“ Das rettete Jurek Szarf das erste Mal das Leben. „Sie hat von Gauleiter Biebow eine Lebensbescheinigung fĂŒr ihren Neffen, also fĂŒr mich, bekommen.“

Jurek Szarf erzĂ€hlt weiter, wĂ€hrend die SchĂŒler und GĂ€ste interessiert und gespannt zuhören: „Biebow hatte zwei Kinder. Als sein Junge krank wurde, hat ein jĂŒdischer Arzt ihm geholfen. Als der Junge wieder gesund war, erschoss Biebow den Arzt. So verrĂŒckt war der Massenmörder Biebow.“

Im Jahre 1944, als Jurek Szarf elf Jahre alt war, ging es mit der Reichsbahn in den vollgepackten Waggon zum KZ RavensbrĂŒck. Seine Tante hatte von der Ghetto-Leitung die Papiere fĂŒr den Transport. „Die MĂ€nner wurden sofort abtransportiert, auch meine zwei Onkels und mein Vater. Ich war das einzige Kind und meine Tante sagte zum SS-Mann ,Der Kleine kommt mit mir‘ und er dachte, ich wĂ€re der Sohn meiner Tante.“ Das rettete erneut das Leben von Jurek Szarf. „Ich war im Frauen-KZ und es war die Hölle. Da haben mich Tausende von LĂ€usen ĂŒberfallen, die mir die halben Beine weggefressen haben.“ Die nĂ€chste Station war noch im gleichen Jahr das Konzentrationslager Königswusterhausen, wo Jureks Mutter verhungert ist.

Danach ging es weiter nach Sachsenhausen, wo der junge Jurek zwei seiner Onkel und seinen Vater wiederfand. „Dort habe ich die KZ-Nummer 79297 bekommen. Meine Tante wurde auf dem Weg dorthin mit zwei weiteren Frauen lebendig aus dem fahrenden Zug geworfen, da sie krank waren.“ Was aus seiner Tante geworden ist, die ihm zweimal das Leben gerettet hat, weiß Jurek Szarf bis heute nicht.

Im KZ Sachsenhausen kam es im Jahre 1945 zur Befreiung. 31 MĂ€nner, darunter Jurek, sein Vater und sein Onkel Pawel, die im Krankenblock untergebracht waren, standen mit erhobenen HĂ€nden fĂŒr die Hinrichtung vor einer Wand. „Dann stĂŒrmten russische Soldaten den Raum und haben uns in letzter Sekunde gerettet. Bis 1950 waren wir mit rund 60 Überlebenden in einem Haus in Berlin untergebracht, um wieder zu KrĂ€ften zu kommen.“

Nach der Befreiung, als Jurek Szarf 14 Jahre alt war, hĂ€tte er als Jugendlicher ins Kino gehen können, was er aber nicht tat. Den aufmerksamen Zuhörern des „Forum GGS-Strand“ erklĂ€rte er auch, warum: „Ins Kino gehen nur Menschen. Ich dachte aber, ich bin kein Mensch mehr. Denn wenn du immer beleidigt wirst, keinen Namen mehr hast und nur irgendeine Nummer bist, zudem immer nur Drecksjude oder Saujude genannt wirst, dann bist du ĂŒberzeugt, kein Mensch mehr zu sein.“

1950 ist Jureks Vater im Alter von 50 Jahren wegen Krankheit gestorben. „Aus meiner Familie haben mein Onkel, mein Papa und ich sowie zwei Cousins den Holocaust ĂŒberlebt.“ Sein Onkel ist dann in die USA ausgewandert und im Jahre 1951 wanderte auch Jurek Szarf mit 17 Âœ Jahren nach New York aus. „Als ich 18 Jahre alt war, hatte ich immer noch keine Schule besucht. Ich war zwar 1949 in einer Berliner Schule, wurde aber von den jĂŒngeren SchĂŒlern ausgelacht, da ich mit 16 Jahren nichts konnte. So war ich nur zwei Tage in der Schule.“

1972 ist Jurek Szarf mit seiner Frau, die aus Deutschland stammte, aus Amerika zurĂŒck nach Deutschland gekommen und lebt heute in Stockelsdorf.

Lange Zeit konnte er ĂŒber das Erlebte nicht sprechen, aber jetzt waren die GĂ€ste der Timmendorfer Schulveranstaltung dankbar dafĂŒr, dass er es macht und stellten noch die eine und andere Frage, die der Zeitzeuge auch beantwortete. R.K.

Zum Foto ganz oben (zum VergrĂ¶ĂŸern bitte anklicken!): Die ZehntklĂ€ssler und geladene GĂ€ste lauschten gespannt den ErzĂ€hlungen von Jurek Szarf, einer der letzten Holocaust-Überlebenden. (Foto: RenĂ© Kleinschmidt)

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Nachricht vom 10.5.22 16:30

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(c) INSIDE GROUP 2011 | Timmendorfer Strand - Niendorf | Letzte Aktualisierung: Samstag, 27. Juli 2024

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